Nissen 05

Die folgende Übersicht umfasst die Schwerpunkte meiner Arbeit. Sie dienen zum einen als Anknüpfungspunkte für Unternehmen im Hinblick auf mögliche Kooperationen und zum anderen für Studierende als Anregungen für Abschlussarbeiten. 

Meine Beratungsprojekte haben grundsätzlich Forschungscharakter. Dies bedeutet, dass

  • aktuelle Erkenntnisse der Wissenschaft - soweit zweckmäßig - einfließen, 
  • versucht wird, allgemeingültige Aussagen hinsichtlich der Anwendung bestimmter Methoden abzuleiten,
  • soweit möglich, Studierende und/oder wiss. Mitarbeiter involviert sind,
  • die Ergebnisse in Gutachtenform vorgelegt werden,
  • gleichwohl aber die Untersuchungsergebnisse umsetzungsorientiert sind und
  • zum Teil auch eine Begleitung bei der Maßnahmenumsetzung stattfindet.

Meine Forschungs- und Lehraktivitäten sind grundsätzlich anwendungsorientiert. Sie sollen der Praxis dienen und Studierende bestmöglich auf die berufliche Tätigkeit vorbereiten.

Energiekostenmanagement

Problemlage: Da die anhaltenden Preissteigerungen für Energie seit etwa 10 Jahren je nach Energieträger und Region überwiegend deutlich über den Preissteigerungsraten für Produktionsmaterial und Personalkapatität lagen, haben sich die Kostenstrukturen in Industrieunternehmen z.T. massiv verändert. Schmerzgrenzen im Hinblick auf Energiekosten sind in vielen Fälle bereits erreicht, was zunehmend entsprechende Betriebe veranlasst hat, aktiv zu werden. Hierbei stellen sie jedoch häufig fest, dass – so unsere Erfahrung der letzten Jahre – die vorhandenen Kostenrechnungssysteme (als Basis eines jeden Controlling-Systems) auf die Steuerung der Energiekosten überhaupt nicht vorbereitet sind. Es mangelt an Instrumenten und Strukturen. Ferner fehlt es an passender Qualifikation bei den Controllern und sonstigen kaufmännischen Führungskräften.

Forschungsaktivitäten: Schwerpunkt ist bei diesem Themengebiet die Überarbeitung bestehender Kostenrechnungssysteme und -strukturen insbesondere in Industrieunternehmen, um die steigenden, bisher regelmäßig aber in der Kostenrechnung vernachlässigten Energiekosten zu optimieren und nach Optimierung verursachungsgerecht Kostenstellen und Prozessen sowie schließlich Produkten zuzuordnen. Angeboten werden Beratungs-/Forschungsprojekte zu Controlling- in Verbindung mit Energiekostenmanagement-Fragestellungen, bei denen Studierende und wiss. Mitarbeiter – sofern möglich und passend – involviert sein sollen. Als Beispiel für derartige Praxisprojekte sei das "Produktkalkulations-Tune-Up” genannt, in dessen Rahmen die Struktur und die Verfahren der Produktkalkulation in allen Einzelheiten auf den Prüfstand gestellt und kritisch hinterfragt werden, um sie danach zu optimieren, wobei dann eben auch Energiekosten bestmöglich Berücksichtigung finden. 

Das Thema Energiekostenmanagement ist sehr neu. Praxisorientierte Literatur fehlt weitestgehend. Auf der anderen Seite ist klar zu erkennen, dass ein sich entwickelnder Bedarf an Verfahren/Instrumenten speziell in Industrieunternehmen klar auszumachen ist. Die Themenstellung erfordert m.E. eine stark interdisziplinär ausgerichtete Herangehensweise, in deren Rahmen betriebswirtschaftliche Sachverhalte mit technischen verknüpft werden. Wahrscheinlich wegen dieser erforderlichen Interdisziplinarität gibt es – soweit mir bekannt – deshalb in der traditionellen BWL nahezu keine Literatur oder nennenswerte Forschungsaktivitäten. Zwar gibt es Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet des “Sustainability Accounting”. Ergebnisse hierzu liefern jedoch nach meiner Kenntnislage keine praxistauglichen Lösungen. 

Energieadjustierte Investitions-/Wirtschaftlichkeitsrechnung 

ProblemlageDie Entscheidungen für oder gegen den Bau von – etwa regenerativen – Energieerzeugungsanlagen oder die Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen (vom Austausch elektrischer Antriebe über Wärmerückgewinnungsanlagen bis hin zur Isolation und Belüftung von ganzen Gebäudekomplexen) basieren in aller Regel auf den Ergebnissen von Investitionsrechnungen. Deren korrekte Durchführung ist insofern von großer Tragweite. Wenn man sich jedoch Investitionsrechnungsergebnisse in der Praxis insbesondere im Energiebereich einmal ansieht, dann gelangt man sehr häufig zu der Feststellung, dass gravierende Probleme vorliegen:

  • I.d.R. ist eine hohe Intransparenz der Ergebnisdarstellung gegeben; üblicher Weise werden die Einstellparameter der Berechnungen (insbesondere die Festlegung des Kalkulationszinsfußes und der Periodenzahl) nicht transparent gemacht und schon gar nicht erläutert, sondern häufig willkürlich festgelegt, obwohl dadurch das Ergebnis massiv beeinflusst wird.
  • Vielfach sind die Berechnungsergebnisse für alljene, die nicht selbst die Berechnung durchgeführt haben, nicht nachvollziehbar.
  • Aufgrund der starken Technikorientierung von Maßnahmen im Energiebereich werden häufig die einschlägigen VDI-Richtlinien VDI 2067 und VDI 6025 eingesetzt. Diese Richtlinien sind jedoch m.E. überholt und viel zu kompliziert, sodass ihr Einsatz die Intransparenz und Nicht-Nachvollziehbarkeit zusätzlich erhöht.
  • Nicht selten werden auch bei größeren Investitionsprojekten statische Investitionsrechnungsverfahren anstelle dynamischer eingesetzt, was – insbesondere bei Energieprojekten, die i.d.R. einen langen Planungshorizont aufweisen – zwangsläufig zu fehlerhaften Ergebnissen führt.
  • Eine Vergleichbarkeit von Investitionsrechnungsergebnissen ist auch aus den o.a. Gründen i.d.R. nicht gegeben, selbst wenn die genannten VDI-Richtlinien eingesetzt werden.
  • Es scheint, als wenn in vielen Fällen nicht ausreichend qualifizierte Personen Investitionsberechnungen durchführen (vielfach auf der Basis von vorliegenden – sich häufig nach den genannten VDI-Richtlinien orientierenden – Softwareprogrammen). Bisweilen entsteht der Eindruck, als würden viele Investitionsrechner rechnen, wie es ihnen gerade passt. Insofern ist geeignete Qualifizierung ein sehr wichtiger Aspekt.
  • Ein – über die eigentliche Investitionsrechnung hinausgehendes – Investitionscontrolling existiert in vielen Fällen gar nicht oder funktioniert nicht so, wie es soll (so auch offensichtlich bei den Großprojekten “Berliner Flughafen” und “Stuttgart 21”). 
  • Energieorientierte Investitionsberechnungen weisen besondere Spezifika auf und bringen besondere wichtige Kennzahlen hervor, die in einer Gesamtkonzeption integrativ berücksichtigt werden sollten, was gegenwärtig überwiegend nicht geschieht. So geht es etwa auch darum, im Rahmen von geeigneten Investitionsrechnungen Energiegestehungskosten (“Levelised costs of Energy [LCOE]), den Punkt der Netzparität (“grid parity”), Energieeinsparkosten (“Cost of Conserved Energy” [CCE]) und CO2-Vermeidungskosten (CO2 abatement costs) zu ermitteln.

Forschungsaktivitäten: Mir geht es um die Anpassung oder Ergänzung bestehender Investitionsrechnungsverfahren an Erfordernisse der Energiewirtschaft und das betriebliche Energiemanagement sowie um eine Standardisierung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen für Energiebereitstellungsanlagen (insbes. erneuerbare Energien), Energieeffizienzmaßnahmen und Energiedienstleistungen (wie etwa dem Contracting oder der Energieeffizienzberatung). Ein Bestandteil der Aktivitäten ist auch, empirisch zu untersuchen, auf welche Weise Investitionsrechnungen in der Praxis insbes. im Energiebereich durchgeführt sowie auf welcher Grundlage und auf welche Weise Investitionsentscheidungen von Praktikern üblicherweise gefällt werden.

Integration von Energieaspekten in das Unternehmenscontrolling 

ProblemlageAbgesehen von vereinzelt eingeführten Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 sind insbesondere in Industrieunternehmen Controllingstrukturen, durch die Energieflüsse und -kosten systematisch gesteuert werden sollen, i.d.R. nicht vorhanden. Eine Schwerpunktbildung, eine systematische Vorgehensweise, Energiekosten zu reduzieren und Anreize für einzelne Mitarbeiter, Energiekostensenkungspotentiale aufzudecken und auszuschöpfen, kann so erst gar nicht erst entstehen.

Forschungsaktivitäten: Gearbeitet wird an der einschlägigen Erweiterung der Controllingfunktion insbesondere von Industrieunternehmen. Ziel ist, auf der Basis eines geeigneten Energiekostenmanagements systematisch und kontinuierlich die Energiebedarfe und die Energiebereitstellung eines Unternehmens zu optimieren, Kostenstellen/Prozessen oder Produkte hinsichtlich ihrer zugeordneten Energieverbräuche über Soll-Ist-Vergleiche zu steuern und optimierte Energiebedarfe verursachnungsgerecht Produkten zuzuordnen, sodass sie sich in den Preisuntergrenzen niederschlagen und der Kunde entscheidet, ob er für ein energieintensives Produkt einen höheren Preis zu zahlen bereit ist. Energiemanagementsysteme, Energieverbrauchs- und -kostenplanungen, Energie-Metering, Energie-Reporting und Energiekennzahlensysteme spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Design for energy efficiency 

Problemlage: Technisch komplexe Produkte (wie Computer, weiße und braune Ware, Kraftfahrzeuge etc.) verbrauchen während Ihrer Nutzungsphase i.d.R. deutlich mehr Energie als im Rahmen ihrer Produktion oder Entsorgung. Die entscheidenden Weichensteller hierfür sind die Beteiligten der Konstruktion, des Produktdesigns, der Material-/Komponentenauswahl und der Arbeitsvorbereitung. Insofern macht es Sinn, durch die Bereitstellung geeigneter Regeln und Methoden im Rahmen der Entwicklung von Produkten auf die Energieeffizienz entlang des gesamten Produktlebenszyklusses hinzuwirken.

Forschungsaktivitäten: In diesem Forschungsbereich werden Methoden zur energiekostenoptimierenden Gestaltung von technischen Produkten – über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes – entwickelt. Eine enge Zusammenarbeit mit Konstrukteuren und möglicherweise auch mit Produktdesignern ist dabei erforderlich. 

Analysen der Wirksamkeit von einschlägigen Regulierungen 

Problemlage: Regulierungen im Energiebereich (Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften sowie auch nationale oder internationale Normen) verfehlen bisweilen die in sie gesteckten Ziele, weil die wesentlichen Wirksamkeitsparameter (Stell- und Störglieder) nicht bekannt sind, zumindest nicht zum Zeitpunkt der Implementierung. Jene Parameter herauszuarbeiten ist im Vorweg durch eine Ex-Ante- oder im Nachhinein (nach einigen Jahren des Vollzugs) durch eine Ex-Post-Analyse möglich. Gängig sind Ex-Post-Untersuchungen, wahrscheinlich deshalb, weil Datenmaterial vorliegt. Besser wären hingegen – weil präventiv wirkend – Ex-Ante Untersuchungen. 

Forschungsaktivitäten: Sofern der Bedarf besteht, wird sich die Stiftungsprofessur auch mit Ex-Ante-Wirksamkeitsuntersuchungen von Gesetzgebungs- oder Normungs-Aktivitäten auf dem Gebiet der Energiewirtschaft und des Energiemanagements beschäftigen. Die Professur betritt damit das Gebiet der “Ökonomischen Analyse des Rechts” und könnte für Vollzugsorgane und andere öffentlichen Institutionen interessant sein. 

Fortbildung von Praktikern (insbesondere kaufmännischen Führungskräften und Controllern) in Sachen Energiekostenmanagement

Problemlage: Kaufmännische Führungskräfte sowie Controller sehen sich zunehmend auch energiewirtschaftlichen Fragestellungen ausgesetzt. Dies hat damit zu tun, dass seit einigen Jahren die Energiekosten überproportional steigen und sich daher die Kostenstrukturen in den Unternehmen verändert haben. Lag etwa bei einem Beispiel-Industrieunternehmen der Energiekostenanteil noch vor 10 Jahren bei 2%, so ist er zwischenzeitlich nicht selten auf sieben oder gar acht Prozent angewachsen. Damit sind dann Schwerzgrenzen erreicht, die aus Sicht vieler Unternehmensleitungen nicht mehr toleriert werden. Die typische Reaktion ist dann häufig, dass die Chef-Controller beauftragt werden, Konzepte zu erarbeiten und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Entwicklung zu stoppen und um Energiekosten steuerbar zu machen. Hiermit sind die meisten Controller und sonstigen kaufmännischen Führungskräfte jedoch überfordert, weil dies Kenntnisse in betrieblicher Energiewirtschaft und in Energiekostenmanagement voraussetzt, Kenntnisse, die in aller Regel aber nicht vorliegen. An genau dieser Stelle besteht gravierender qualifikatorischer Nachholbedarf. 

ForschungsaktivitätenIm Rahmen von Intensivkursen werden kaufmännische Führungskräfte mit den notwendigen (auch technischen) Kenntnissen ausgestattet, um im Anschluss in der Lage zu sein, betriebliche energiewirtschaftliche Fragestellungen und Lösungsideen gemeinsam mit den Ingenieurkollegen anzustoßen und kaufmännisch beurteilen zu können. Die Kurse sind sehr aktivitätsorientiert ausgerichtet und basieren auf dem Lehransatz des "Problemorientierten Lernens" (POL). 

Controlling-Check-Up

Beratung: Der Controlling Check-Up ist eine systematische fragebogengestützte Prüfung sämtlicher Verfahren, Abläufe, Regelungen, Auswertungen und sonstiger für die Unternehmenssteuerung relevanter Sachverhalte, um hieraus zunächst betriebliche Schwachstellen aufzudecken und schließlich Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten. Das Untersuchungsergebnis wird in der Form eines Gutachtens vorgelegt. 

Forschung: Entwicklung einer allgemeingültigen Vorgehensweise, durch die die Effektivität und Effizienz eines bestehenden Controllingsystems geprüft werden kann. 

Produkt-Kalkulations-Tune-Up

Beratung: Kalkulationsergebnisse sind in aller Regel wesentliche Basis für die Festlegung von Preisuntergrenzen und für Analysen der Produktionseffizienz (Soll-Ist-Vergleich). Ungenaue oder grob fehlerhafte Kalkulationsverfahren können daher zu gravierenden Fehlentscheidungen - etwa im Vertrieb - führen und somit das Betriebsergebnis massiv negativ beeinflussen. Der "Kalkulations-Tune-Up" versucht, dies zu verhindern, indem sämtliche Bestandteile des jeweils eingesetzten Kalkulationsschemas und die Verrechnungsverfahren auf den Prüfstand gestellt, also im Detail untersucht, hinterfragt und ggf. korrigiert werden. Der Beriff "Tune-Up" stammt noch aus meiner Zeit als Bosch-Kfz-Elektriker, als durch sogenannte Tune-Ups Personenkraftwagen im Detail geprüft und untersucht sowie auf den neuesten Stand gebracht wurden, sodass sie danach ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten konnten.

Forschung: Entwicklung von allgemeingültigen Aussagen zu Normkomponenten von industriellen Kalkulationsschemata und deren Verrechnung bei bestmöglicher Verwirklichung des Verursachungsprinzips.